22.01.2025

Bei Bauverzögerungen Mehrkosten geltend machen

Bei Bauverzögerungen kann es zu Streitigkeiten über die Übernahme von Mehrkosten kommen. Ein Urteil des Bundesgerichtshofs hat die Rechtsprechung in dieser Hinsicht verändert und betrifft insbesondere die Geltendmachung von Mehrkosten nach Ende der Verzögerung. Für Lohn- und Materialpreiserhöhungen können Auftragnehmer ihre Ansprüche nur geltend machen, wenn der Auftraggeber die Bauverzögerung zu verantworten hat. Ein Beispiel verdeutlicht die komplexe Situation: Bei einem Baustillstand von sechs Monaten muss der Auftragnehmer zusätzliche Kosten für Baustellencontainer und ein ungenutztes Gerüst tragen. Nach Ende des Baustillstands entstehen weitere Mehrkosten durch Lohn- und Materialpreiserhöhungen. Der Auftragnehmer möchte die Kosten für die Stillstands Zeit und die Kosten durch die Bauzeitverschiebung geltend machen, die auf verspäteter Leistung des Rohbau-Unternehmens und verspäteten Entscheidungen des Auftraggebers beruhen.

Bei Bauverzögerungen Mehrkosten geltend machen

Mehrkosten geltend machen bei Verschulden des Auftraggebers



Die Frage, ob der Auftraggeber für Verzögerungen verantwortlich ist, ist rechtlich relevant und hängt davon ab, ob ihm ein Verschulden nachgewiesen werden kann. Dies kann auch dann der Fall sein, wenn der Auftraggeber einen Dritten beauftragt hat, der in seinem Namen handelt. Dabei müssen jedoch rechtlich verbindliche Pflichten verletzt worden sein, wie beispielsweise die Zahlung des Werklohns oder die Kooperationspflichten aus dem Vertrag. Es muss geprüft werden, ob der Auftraggeber tatsächlich gegenüber dem Auftragnehmer eine solche Pflichtverletzung begangen hat und ob diese auf seinem Verhalten oder einem ihm zurechenbaren Verhalten beruht.


Mehrkosten geltend machen bei Verzögerung durch den Vorunternehmer


Das Urteil des BGH hat Auswirkungen auf die Schadensersatzansprüche von Auftragnehmern bei Baustillständen, die durch Verzögerungen seitens des Auftraggebers oder Vorunternehmers verursacht werden. Bei Verzögerungen, die auf Entscheidungen des Auftraggebers zurückzuführen sind, hat der Auftragnehmer Anspruch auf Schadensersatz für Mehrkosten während und nach dem Baustillstand gemäß § 6 Abs. 6 VOB/B oder den Vorschriften zum Verzug. Bei Verzögerungen, die durch den Vorunternehmer verursacht wurden, kann der Auftragnehmer einen Schadensersatzanspruch gemäß § 642 BGB geltend machen, wenn der Vorunternehmer eine Obliegenheitsverpflichtung verletzt hat, die den Auftraggeber daran hindert, die Leistungen entgegenzunehmen. Der Auftraggeber haftet in diesem Fall, unabhängig von einem Verschulden, für die während des Baustillstands entstandenen Kosten, einschließlich kalkulierter Zuschläge für Wagnis und Gewinn, Allgemeine Geschäftskosten und Baustellengemeinkosten. Allerdings sind nach Ende der Verzögerung auftretende Mehrkosten nicht vom Auftraggeber zu tragen, zumindest nicht auf Basis von § 642 BGB. Diese Einschränkung erschwert die Durchsetzung von Ansprüchen durch den Auftragnehmer.


Mehrkosten nach VOB geltend machen


In Fällen, in denen der Auftraggeber Verzögerungen verursacht hat, indem er notwendige Entscheidungen verzögert hat, hat der Auftragnehmer einen klaren Schadensersatzanspruch. Dieser umfasst sowohl die während als auch nach dem Baustillstand entstandenen Kosten. Die Grundlage hierfür ist § 6 Abs. 6 VOB/B, wenn dies im Vertrag vereinbart wurde, ansonsten gelten die Vorschriften zum Verzug.

Wenn der Rohbauer als Vorunternehmer die Verzögerung verschuldet hat, kann der Auftragnehmer den Schadensersatzanspruch auf § 642 BGB stützen. In diesem Fall haftet der Auftraggeber auch dann, wenn er keine Schuld an der Verzögerung hat, aber eine Obliegenheitsverpflichtung verletzt hat. Die Erstattung umfasst die während des Baustillstands entstandenen Kosten einschließlich der kalkulierten Zuschläge für Wagnis und Gewinn, Allgemeine Geschäftskosten und Baustellengemeinkosten.

Allerdings hat der BGH entschieden, dass nach Ende der Verzögerung entstehende Mehrkosten nicht vom Auftraggeber zu tragen sind, zumindest nicht auf Grundlage von § 642 BGB. Dies kann für den Auftragnehmer unangenehm sein, da er den zweiten Kostenblock, d.h. die später aufgetretenen Lohn- und Materialmehrkosten, nicht vom Auftraggeber erstattet bekommt. Der Anspruch des Auftragnehmers war vor dem Urteil des BGH einfacher darzustellen, da er sich in Behinderungsfällen durch den Auftraggeber auf § 642 BGB stützen konnte, während § 6 Abs. 6 VOB/B keine höheren Ansprüche brachte.


In diesem Fall können die Parteien im Vertrag eine Regelung treffen, die vorsieht, wie mit solchen Verzögerungen umzugehen ist. Es ist empfehlenswert, solche Regelungen bereits vor Beginn der Arbeiten im Vertrag zu vereinbaren, um im Falle einer Verzögerung keine langwierigen Streitigkeiten zu riskieren. Mögliche Regelungen könnten beispielsweise eine Verlängerung der Fertigstellungsfrist oder eine Anpassung des Preises bei unvorhersehbaren Umständen wie schlechtem Wetter sein. Wenn der Vertrag keine entsprechende Regelung enthält, kann eine Anpassung des Vertrages aufgrund von Unmöglichkeit nach § 275 BGB in Betracht kommen. Allerdings setzt dies voraus, dass die Verzögerung tatsächlich unvorhersehbar und unvermeidbar war und dass eine Anpassung des Vertrages zumutbar ist.


Der Auftragnehmer muss bei "normalem" schlechtem Wetter ohne vertragliche Folgen arbeiten. Wenn das Wetter jedoch außergewöhnlich schlecht ist und bei der Angebotsabgabe nicht vorhersehbar war, hat der Auftragnehmer Anspruch auf eine Verlängerung der Bauzeit, um sich vor Vertragsstrafen zu schützen. Allerdings werden Mehrkosten nicht erstattet, da es nicht die Pflicht des Auftraggebers ist, für gutes Wetter zu sorgen, wie vom BGH entschieden (BGH v. 20.04.2017 – VII ZR 194/13).